Im Focusing mit Kindern sind meine ersten Angebote, sich auszudrücken Farben, Formen und Materialien wie Verpackungen oder Ton. Trotzdem taucht vor allem in Gruppen immer wieder die Frage auf: „Muss ich malen oder kann ich auch was schreiben?“ Die Antwort liegt, vor allem im schulischen Kontext, auf der Hand: „Na klar, dafür haben wir dir es doch beigebracht.“
Arbeite ich mit jüngeren Kindern, stelle ich mich auch gerne als Sekretärin zur Verfügung, ältere Kinder brauchen nur die Sicherheit, dass die Rechtschreibung hier keine Rolle spielt.
Gedichtformen geben den Kindern Halt und Sicherheit. Es gibt eine Struktur, in die sie eigene Worte einfügen können. Zudem geben diese Formen der Sprache eine gewisse Dichte, die auch die Kinder als etwas Schönes erleben.
Gleichzeitig kann man das Ganze auch von einem anderen Punkt auch betrachten. Kleine Gedichtformen wie das bekannte Elfchen, stehen sowieso im Lehrplan. Hier gibt es ein genaues „Rezept“, dass den Kindern hilft, etwas zu schreiben. In der letzten Zeile soll ein Wort stehen, dass wie eine Zusammenfassung sein soll. Wenn das keine Einladung ist, den Kindern Focusing nahezubringen. Genau nach diesen kleinen Möglichkeiten habe ich als Klassenlehrerin immer gesucht.
Beispiel für ein Elfchen
Froh
und verspielt
mit meiner Freundin.
Wir spielen gern Theater.
Schön.
(Mädchen 8J)
Aber auch freie Gedichte aus dem Lesebuch können mit Focusing verbunden werden und den Kindern ermöglichen, ihren eigenen Gefühlen nachzugehen.
Ich möchte hierzu ein Beispiel aus einer dritten Klasse bringen. Im Lesebuch war ein Gedicht, dass mit den Satzanfängen „Wenn ich glücklich bin, wenn ich wütend bin,…wenn ich meine Freude herausnehmen könnte“ die unterschiedlichen Strophen begann. Drei kleine Focusinganleitungen zu den Themen Glück, Freude und Wut, kaum anders als bei Erwachsenen, nur etwas kürzer und dann schrieben die Kinder los.
Hier sind die Werke der Kinder:
Wenn ich glücklich bin, möchte ich laut schreien vor Freude
und manchmal möchte ich ganz alleine sein,
um mein Glück zu spüren.
Wenn ich mein Glück heraus nehmen könnte,
sähe es aus wie bunte Farbkleckse.
Und ich würde die Menschen dazu bringen, das Glück zu spüren.
(Mädchen 8J)
Wenn ich mal Freude habe,
möchte ich Fußball spielen
und Geschenke verteilen
und Lachen
und mich wieder wohl fühlen.
Oder Spaß haben und meine Schildkröten streicheln.
Wenn ich meine Freude herausnehmen könnte,
würde ich sie allen schenken
und alle wären glücklich.
(Junge 8, Jahre)
Gemeinschaftsarbeit
(5 Kinder einer 2. Klasse)
Wenn ich mal Freude habe
Möchte ich turnen
und jemanden eine Freude machen,
ich möchte rechnen oder Fußball spielen,
meine Tiere aus dem Käfig befreien,
dann mach ich meinen Mitmenschen eine Freude,
ich lache und mache Spagat!
Wenn ich meine Freude herausnehmen könnte,
dann wäre sie bunt und hätte viele, fröhliche Farben.
Ich würde sie anderen Menschen schenken
und dann würden die auch Freude kriegen.
Dann wäre die ganze Welt fröhlich
Und es gäbe keinen Krieg mehr.
Wie würde es sich anhören, wenn du es selber versuchst, deine Freude, Wut, dein Glück oder deine Angst herauszustellen und in Worte zu fassen?
Im Kommentarfeld wäre Platz für deinen Text.
Bild von StockSnap auf Pixabay
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