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Der Focusing-Blog

Freiraum schaffen mit Kindern

Freiraum schaffen mit Kindern

Für Erwachsene, die Focusing kennen lernen, ist das Freiraum schaffen oft eine große Hilfe für den Alltag. Aber auch Kinder können mit angemessenen und altersgerechten Methoden vom Freiraum schaffen profitieren. Eine Möglichkeit ist es, jüngere Kinder mit Geschichten und Bilderbüchern an das Thema heran zu führen. So habe ich vor vielen Jahren für meine Arbeit mit Kindern im Grundschulalter eine Freiraumgeschichte geschrieben.

Lange habe ich nach einem Menschen gesucht, der die Geschichte illustriert. Der Zufall brachte dann Anna-Lena Szücs zu mir, welche die Geschichte nicht nur sehr einfühlsam illustrierte und einen Verlag für den Vertrieb gründete, sondern sofort begann, sich in Focusing mit Kindern einzuarbeiten.

Anna-Lena Szücs schrieb in diesem Kontext einmal über das Thema Freiraum schaffen mit Kindern an die hiesige Tageszeitung:

Kinder haben Sorgen, Ängste und andere bedrückende Gefühle. Noch dazu aktuell. Viele haben jetzt in jungen Jahren durch Corona seltsame und bedrückende Erfahrungen gemacht. Ich weiß noch, wie zu Beginn gedacht wurde, dass Kinder die Hauptüberträger seien und es ihnen nicht erlaubt war, bspw. einen Baumarkt zu betreten. Kinder durften plötzlich ihre Großeltern nicht mehr sehen. Schule und Kindergarten fanden nicht mehr statt. Usw. Dass diese Erlebnisse ihre Spuren hinterlassen haben, wissen wir ja schon längst. Nun kommt noch ein Krieg dazu, der sehr nah ist. Die Themen Klimawandel, Umweltverschmutzung und Fleischkonsum beschäftigen Kinder bereits im Kindergarten. Und das sind ja erstmal nur die gesellschaftlichen Themen. Was ist mit dem normalen Ärger? Streit mit den Eltern, Streit mit der besten Freundin/dem besten Freund, Scheidungen, ein geliebter Mensch stirbt, schlechte Noten in der Schule, Mobbing usw. Die Liste ist, wie Sie wissen, unter Umständen sehr lang.
Doch wie ist es um unsere Kinder bestellt? Dürfen sie schwere, belastende Gefühle haben? Und diese auch mal offen ausleben? Ich erlebe es so oft, dass - gerade in der Öffentlichkeit - von Kindern immer erwartet wird, dass sie lieb und nett sind, schön Bitte und Danke sagen und dabei am besten auch nicht zu laut sind. Kinder sind ja schön und gut, aber wehe hier stört jemand. Und irgendwie erscheint es mir unfair. Wir selbst haben manchmal schlechte Tage, an denen wir keine Lust auf Bitte und Danke haben. Wir erleben auch schlecht gelaunte Menschen um uns herum.
Klar das macht keinen Spaß, aber manchmal hilft auch ein wenig Verständnis und Toleranz und die Mundwinkel gegenüber heben sich wieder ein bisschen.

Wir wissen oft (nicht immer), was mit uns los ist und haben Möglichkeiten und Methoden entwickelt, um uns in schlechten Zeiten etwas Gutes zu tun. Doch wie ist es mit Kindern? Welche Möglichkeiten haben sie?
Und hier setzt das Buch an. Die Geschichte von Anna beschreibt einen Weg, wie Kinder lernen können, mit solchen Gefühlen umgehen zu können. Weder Frau Markones noch ich als Illustratorin haben uns diesen Weg ausgedacht. Es ist ein Konzept, dass sich „Freiraum schaffen“ nennt und aus dem Focusing kommt. (Das Deutsche Focusing-Institut hat seinen Sitz in Würzburg)
Ähnliche Ansätze finden sich in der Systemischen Therapie, in der Akzeptanz und Commitment Therapie und weiteren therapeutischen und pädagogischen Formen.

Die Idee dahinter ist, dass die Gefühle von den Kindern wahrgenommen und erkannt - und damit auch akzeptiert werden können. Im Focusing mit Kindern (und auch mit Erwachsenen) können sich die Kinder dann zusätzlich einen guten Ort für ihre Sorgen suchen und evtl. einen Beschützer dazu auswählen. So wird die Distanz etwas größer, es wird klar, dass ich als Kind nicht selbst das Gefühl bin, es jedoch völlig in Ordnung ist, dieses Gefühl zu haben. Ich kann es jederzeit an diesem Ort betrachten, es mit Bezugspersonen teilen, ganz so, wie es gut für mich ist.

Die Message lautet also: Gefühle dürfen sein. Auch die, welche gesellschaftlich als „negative Gefühle“ bewertet werden, haben ihre Berechtigung. Wir wissen selbst, wie sehr uns Wut, Trauer oder auch Neid manchmal beeinflussen können. Und ist es nicht unsere Aufgabe als Erwachsene, Kindern bereits das Handwerkszeug mitzugeben, mit dem sie lernen können auch sich selbst und ihre Gefühle zu verstehen?

Frau Markones erwähnte bereits den Film zum Buch, den es inzwischen (Dank einer tollen Kooperation mit der Würzburger Dolmetscherschule) auch auf Englisch gibt, da Focusing mit Kindern eine internationale Therapieart ist.

In diesem Sinne geht es nicht darum, ein weiteres Kinderbuch vorzustellen, dass in dieser Region entstanden ist, sondern darum, ein Hilfsmittel zu zeigen, wie Kinder in unserer Zeit mit ihrem Kummer und ihren Sorgen umgehen können.
Und wie unsere Gesellschaft zu diesen Gefühlen steht.
Vielleicht ist das für Sie ein Ansatz, der einen wunden Punkt anrührt, bei dem sich hinzuschauen lohnt.

 

Wenn Du nun auf das Buch oder die Filme neugierig geworden sind, dann kannst Du es Dir auf der Website des Verlages  beide ansehen. Die Tageszeitung hat sich bis heute nicht dazu durchringen können, das Thema aufzugreifen.

Ich gebe immer wieder per zoom Einführungen in die Arbeit mit diesem Bilderbuch, aber es gibt auch ein Beiheft mit den Anleitungsvorschlägen. Der deutschsprachige Film entstand für die Arbeit mit Kindergruppen, Premiere war auf der Sommerschule 2021. Der englischesprachige Film enstand für die internationale Kinderfocusingkonferenz des Focusing Insitute of New York 2022. Es war uns eine besondere Freude, dass Schüler und Schülerinnen der Würzburger Dolmetscherschule mit ihrer muttersprachlichen Lehrerin Frau Hefner den Text übersetzt und eingesprochen haben.

Unsere Bemühungen eine ukrainische Fassung zu bekommen, waren bisher erfolglos. Aber zum Glück geht Freiraum schaffen auch mit ganz einfachen, spielerischen Formen, ganz ohne Text. Ein Blatt Papier und Stifte können ausreichend sein. 

 

Anna Lena Szücs

 


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