In meiner focusingorientierten Arbeit in der Schule, aber auch im therapeutischen Setting, ist mir immer wieder aufgefallen, wie klein der Wortschatz der Kinder oft ist. Auf die Frage: „Wie fühlt sich das an?“ kamen meist sehr stereotype Antworten wie: „Gut, schlecht, geil, cool“ und „scheiße“. Natürlich gibt es auch viele Kinder, die durch gute Förderung während der sprachsensiblen Phasen in der Entwicklung über einen reichhaltigen und ausdifferenzierten Wortschatz verfügen. Daher ist es immer wieder spannend, Ansätze in Klassen zu finden, wie die unterschiedlichsten Kinder Freude an der Spracharbeit haben.
Eine Möglichkeit Focusing und Spracharbeit zu verbinden, ist für mich die Arbeit mit Wortfeldern. Als Wortfeld bezeichnet man eine Gruppe von Wörtern, die ein ähnliche Bedeutung haben. Dies kann im engeren Sinne z.B. das Wortfeld „sprechen“ sein, das immer im Rahmen der Aufsatzerziehung durchgenommen wird. So wird gegen die Wortwiederholungen im Rahmen einer Erzählung Vorsorge getroffen.
Meine Auslegung von Wortfeldern ist wesentlich weiter. Es geht um die Sammlung von Wörtern, die für das Kind einen gefühlsmäßigen Zusammenhang haben oder zu einem bestimmten Gefühl gehören.
Wir sammeln Wörter auf Papier, in Schatzkästchen und natürlich im Kopf. Was wir sammeln, ist immer von der Situation des Kindes oder der Gruppe abhängig. Das Einleitungsbild zeigt zum Beispiel das Ergebnis einer Sammlung von guten, bunten Wörtern. Hier sind wir vom Umriss eines Herz ausgegangen.
Die Kinder dürfen in der Arbeit mit Umrissen auch grafische Gestaltungsideen umsetzen, so dass es noch spielerischer wird. Ein guter Einstieg für mich ist es immer wieder, ein paar Umrisse und Sammelaufgaben anzubieten und die Kinder wählen aus, welchen Auftrag sie bearbeiten wollen. Die Umrisse sind einfach, damit die Kinder Platz haben und später keinen Druck bekommen, wenn ich sie einlade, eigene Umrisse zu gestalten.
So kann es ein Ball sein, der für die Kinder zum Hand- oder Fußball wird, einer Sonne oder etwas ganz anderem. Schon da können die Kinder im Sinne von Focusing spüren, was für sie aus dem Kreis werden soll, damit sie mit Freude dafür Wörter sammeln möchten. Eine Hantel oder eine Feder können einladen, sich über Schwere oder Leichtigkeit Gedanken zu machen. Später dann können die Kinder eigene Wortfelder anlegen und gestalten.
Die Kinder dürfen die Wortfeldblätter vorstellen, vorlesen und vorzeigen. Günstig ist es, wenn in irgendeiner Weise auch zusammenpassende Blätter gemeinsam aufgehängt oder zusammengefasst werden. Während der Vorlesezeit dürfen Wörter übernommen werden. So kann ein Kind, das nur wenige Wörter gefunden hat, sich von einem anderen Kind inspirieren lassen, weitere Wörter aufzunehmen.
Irgendwann untersuche ich auf solche Weise auch Gefühlszustände. Beim Wort „Wut“ zum Beispiel malen viele Kinder einen Vulkan, als Umriss schaut er meist wie ein Berg mit Linien, die herauskommen aus. Der wird dann mit Worten wie „heiß“, „Zorn“, "Überraschung" und "ärgern" gefüllt. Auch hier ermöglicht der Austausch wieder eine Anreicherung des Wortschatzes. Ein größerer Wortschatz ermöglicht dann, sich über seine Gefühle und das innere Erleben differenzierter auszudrücken. So wird es allmählich möglich, das "Genauern" nicht nur mit Farben oder Formen zu arbeiten, sondern sich immer mehr auch sprachlich auszudrücken.
In der focusingorientierten Sprachförderung nehme ich gerne noch die Bewegung dazu: Wie steht jemand, der wütend ist, wie hält er oder sie die Hände, wie ist das Gesicht usw.
In einer viel späteren Phase der Arbeit können diese Wortfelder dann bei der Gestaltung von Kleinformen, wie dem Elfchen nützlich sein.
Der Hirnforscher Gerald Hüther spricht immer wieder davon, dass Dinge unter die Haut gehen müssen, damit sie hängen bleiben. Lerninhalte müssen beim Kind Emotionen auslösen und bedeutsam sind. Dabei spielt die Begeisterung der Person, die dem Kind etwas nahe bringen will, eine besonders wichtige Rolle. Wer begeistert ist, kann begeistern. Ich bin von Focusing und von dem Spielen mit Sprache begeistert. So erlebe ich immer wieder bei Kindern und auch bei Erwachsenen wie ein Funke überspringt. Die Kinder legen sich Schatzkisten an für weiche, warme Wörter oder schreiben Wutwörter und entsorgen sie dann stimmig. Die älteren Kinder und Erwachsene sind oft tief bewegt, ihren ersten, so entstandenen Text in Händen zu halten und auch vorzulesen..
Wer sich für Schreiben als Methode im Focusing mit Kindern interessiert, der findet dazu passend einen Workshop auf der Impulskonferenz.

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